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Passengers: Gesichter der Migrationskrise auf dem Mittelmeer

Brows furrowed, 23-year-old migrant Amadou Sumalia stares down the lens, minutes after being rescued from an overcrowded inflatable boat. He is aboard a German NGO vessel, the Iuventa, and the horizon of the Mediterranean can be seen in the backdrop.
César Dezfulis Portrait zeigt den 23-jährigen Amadou Sumaila aus Mali (Afrika), der sich auf dem Boot befindet und nur wenige Minuten zuvor aus dem Mittelmeer gerettet wurde (1. August 2016). Damit belegte er den ersten Platz beim Taylor Wessing Portrait Prize 2017. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark II. © César Dezfuli

Der 23-jährige Amadou Sumaila steht auf dem Deck und repariert die Kamera mit einem standhaften Blick. Im Hintergrund ist das Mittelmeer zu sehen. Er ist einer der 118 Männer und Jungen, die gerade aus dem überfüllten Schlauchboot gezogen wurde, das etwa 32 km vor der libyschen Küste herumtrieb. Die Aufnahmen entstanden kurz nach der Rettung.

Im August 2016 haben über 360.000 Migranten auf die gleiche Weise versucht, nach Europa zu gelangen. Es war auch das Jahr mit den meisten Opfern – 5.098 Menschen wurden auf dem Mittelmeer für tot erklärt oder als vermisst gemeldet. Der spanisch-iranische Fotojournalist César Dezfuli war fest entschlossen, die Geschichten der Menschen hinter diesen Statistiken zu erzählen und drei Wochen lang Zeuge, wie die Migranten in einer lebensbedrohlichen Situation vom Rettungsschiff aufgesammelt wurden.

Seine Serie „Passengers“ ist ein aussagekräftiger Katalog mit den Gesichtern der Migrationskrise. César machte die Aufnahmen mit einer Canon 5D Mark II mit einem Canon EF 35mm f/2 Objektiv und musste schnell handeln, da er nur zwei Stunden hatte, um die ganze Gruppe zu fotografieren. Die Personen wurden anschließend auf ein anderes Boot Richtung Italien verlegt und er hatte pro Person weniger als zwei Minuten Zeit.

„Ich habe wenige Minuten nach der Rettung Bilder von allen Menschen gemacht, die sich auf demselben Boot befanden. Dabei habe ich versucht, dieser Realität einen Namen und ein Gesicht zu geben, um diese Tragödie zu vermenschlichen“, meint César. „Ihre Gesichter, ihr Aussehen, ihre Kleidung oder auch ihre Abwesenheit spiegeln die Stimmung und die körperliche Verfassung wider, in der sie sich befinden – ein Moment, der ihr Leben bereits für immer gekennzeichnet hat. Durch das Festhalten solcher Momente kann man die Realität der Migrationskrise den Menschen vor Augen führen, die sie nur aus der Ferne betrachten.“

Men in red life jackets are photographed from an aerial perspective as they are rescued from their black rubber boat 20 miles off the coast of Libya.
Eine Luftaufnahme von einigen der 118 Menschen, die von einem schwarzen Schlauchboot etwa 32 km vor der libyschen Küste gerettet wurden. Beim Übergang auf ein Rettungsschiff tragen alle rote Rettungswesten. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark II.

Für César war es wichtig, Aufnahmen von jedem einzelnen Insassen zu machen. Damit wollte er jedem eine eigenständige Identität geben und versuchen, eine einzigartige Arbeit zu schaffen. „Wenn du Aufnahmen von Menschen in Gruppen machst, fällt es einem schwer, etwas über ihre Identität zu sagen“, meint er. „Ich hatte auch das Gefühl, dass sich die Gesellschaft an die Bilder von Rettungen gewohnt hatte und die Empathie langsam verloren ging. Daher musste ich etwas anderes unternehmen, um die Botschaft zu übermitteln.“

Die Gesellschaft hat sich an die Bilder von Rettungen gewohnt, also musste ich etwas anderes unternehmen, um die Botschaft zu übermitteln.

Trotzdem war César frustriert, da er die Geschichte nicht in der Presse veröffentlichen konnte. Stattdessen hat er für den Taylor Wessing Photographic Portrait Prize 2017 nur ein Bild eingereicht, nämlich das Portrait von Amadou. Mit diesem Bild hat er sich gegen 5.716 Fotografen durchgesetzt und den ersten Platz belegt. Der prestigeträchtige Sieg hat neues Leben in seine Serie gebracht und seiner Geschichte die weltweite Beachtung geschenkt, die sie seiner Meinung nach schon immer verdient hatte. „Keines der Medien wollte diese Fotos veröffentlichen, und nun sieht man sie an vielen Verkaufsstellen, was irgendwie lustig ist. Ich bin sehr glücklich, weil ich diese Geschichte auch weiterhin erzählen und den Menschen von diesen Geschehnissen berichten möchte. Ich bin froh, dass diese Botschaft angekommen ist.“

Topless teenager Alpha, aged 18, scowls at the camera after his rescue from the Mediterranean.
Zu sehen ist der 17-jährige Alpha aus Conakry (Guinea) auf dem Deck eines Rettungsschiffs. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark II. © César Dezfuli
Enssa, aged 17, from Senegal, wears a emerald green tee-shirt aboard the Iuventa after coming aboard from the inflatable, black rubber rib he had been rescued from.
Der 17-jährige Teenager Enssa aus dem Senegal auf einem Rettungsschiff, nachdem er aus dem schwarzen Schlauchboot gerettet wurde. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark II. © César Dezfuli

Dank Facebook konnte César mit Amadou in Kontakt treten, der sich 15 Monate nach der Rettung in einem Asylbewerberheim auf Sizilien (Italien) befindet und auf die Bearbeitung seines Asylantrags wartet. Amadou, der aus seiner afrikanischen Heimat Mali geflohen ist, gab zum Zeitpunkt des Treffens an, er sei 16 Jahre alt. Später räumte er ein, dass er eigentlich sieben Jahre älter ist. Ihm wurde erzählt, dass der Asylantrag eines Minderjährigen schneller bearbeitet wird.

„Ich glaube, das Porträt von Amadou sticht durch die Emotionen hervor, die es vermittelt“, so César über seine Entscheidung für ein Gesicht, das die 118 Menschen repräsentiert. „Er steht so frontal da, dass sich dadurch ein ideales Gleichgewicht in der Zusammensetzung ergibt. Aber gleichzeitig ist da sein Blick – die direkte Konfrontation mit der Kamera –, der dem Bild viel Aussagekraft verleiht. Die Gefühle in diesem Augenblick und seine Persönlichkeit werden widerspiegelt, und so wird der Inhalt dieser Serie in diesem Bild zusammengefasst.“

Diese emotionale Last hat auch die Jury erfasst. „Er hatte einen wirklich fesselnden Blick und dazu die Intensität, die Emotionen“, sagt Sabina Jaskot-Gill, Jurymitglied beim Taylor Wessing Photographic Portrait Prize 2017 und stellvertretende Kuratorin an der National Portrait Gallery in London. „Man kann da eine gewisse Angst, Entschlossenheit, ja fast Ungewissheit und etwas Misstrauen erkennen. Dieser unglaubliche Gedanke daran, dass dieser Mann aus dem Meer herausgezogen und gerettet wurde und dann noch für dieses Porträt posiert und diese Ausstrahlung hat, war wirklich unglaublich. Man kann bei diesem Wettbewerb bis zu sechs Porträts einreichen, César hat aber nur eines eingereicht, was ziemlich mutig war.“

A man drops to his knees and celebrates his survival after his rescue from international waters near the Libyan coast during one of the Iuventa's rescue missions on the Mediterranean Sea.
Ein Mann fällt auf die Knie und feiert sein Überleben, nachdem er aus internationalen Gewässern nahe der libyschen Küste bei einer der Rettungsmissionen der „luventa“ auf dem Mittelmeer gerettet wurde. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark II. © César Dezfuli

César, der auch die Canon Objektive EF 24mm f/2.8, EF 24-105mm f/3.5-5.6 und EF 50mm f/1.4 verwendet, arbeitet seit drei Jahren als Fotojournalist und ist zudem Autor. Er hat bereits ganz unterschiedliche Geschichten dokumentiert, wie z. B. die Ein-Kind-Politik in China, die Präsidentenwahl in Kenia oder die Terroranschläge 2015 in Paris. Migration ist ein zentrales Thema geworden, und César befindet sich zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, um über die Entstehung der jüngsten Masseneinwanderung in Europa zu berichten. „2015 habe ich an einer anderen Geschichte über die ehemaligen jugoslawischen Staaten gearbeitet, und dann begann die Migrationskrise – ich war da, als alles anfing“, sagt César. „Ich berichtete über die Balkanroute und interviewte einen der Schlepper, der zu dieser Zeit Migranten nach Europa brachte, was eine aufsehenerregende Geschichte war.“

Journalismus begleitet dich jeden Tag. Du machst das nicht einfach acht Stunden lang und gehst danach nach Hause.

César befindet sich gerade außerhalb von Madrid und richtet sein Augenmerk auf wichtige globale Themen. Seiner Meinung nach entsteht großartiger Fotojournalismus durch eine natürliche Leidenschaft für Geschichten und eine Neugier auf die Welt. „Man muss sehr kreativ sein und eine journalistische Art zu denken haben. Ich glaube, es kann nur von dir selbst kommen und ist deine Persönlichkeit. Journalismus begleitet dich jeden Tag. Du machst das nicht einfach acht Stunden lang und gehst danach nach Hause. Man muss grundsätzlich diese Neugier, diese Verbindung zur Gesellschaft und zu den Menschen haben.“

Die Ausstellung des Taylor Wessing Photographic Portrait Prize kann bis zum 8. Februar 2018 in der National Portrait Gallery besucht werden.

Verfasst von Lucy Fulford


Weitere Informationen zur Canon EOS 5D Mark III finden Sie auf der Produktseite.

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