GRUNDLAGEN DER FOTOGRAFIE

Eine neue Perspektive auf bekannte Szenen

Von der Liebe zur Natur bis zur Nutzung des natürlichen Lichts teilen drei Fotografen mit uns ihre Ratschläge, wie man alltägliche Momente in unvergessliche Bilder verwandeln kann.
Die Fotografin Camilla Rutherford lächelt in die Kamera, Wellen schlagen hinter ihr über die Küste.

Es ist leicht, die Gegend, in der wir leben, für nichts Besonderes zu halten. Wir glauben oft fälschlicherweise, dass man Hunderte von Kilometern reisen muss, um interessante Fotos zu machen. Die Zeit, die man damit verbringt, vertraute Szenen aus einer neuen Perspektive zu betrachten, ist jedoch eine großartige Möglichkeit, seinen Bildern neues Leben einzuhauchen. Wir haben drei Fotografen aus der ganzen Welt gefragt, wie sie neue Perspektiven finden, die sie und ihr Publikum inspirieren. Hier sind einige ihrer Top-Tipps für inspirierende Bilder bei Aufnahmen aus der näheren Umgebung.

1. Werde kreativ, wenn du dramatische Stadtsilhouetten dokumentierst

Das Londoner Sturmflutsperrwerk an der Themse in der Dämmerung, im Hintergrund die bunten Lichter von Canary Wharf.

Ganz gleich, ob du in einer belebten Stadt oder in einer ruhigen ländlichen Gegend lebst – du machst atemberaubende Aufnahmen, wenn du mit Bildausschnitt und Kameraeinstellungen experimentierst. Dieses Bild wurde mit einer Langzeitbelichtung aufgenommen.

Die in London lebende Fotografin Laku Davies fotografiert Abenteuer in ihrer Heimatstadt und auch weit darüber hinaus. Es sind die Bilder der Stadt und die Street-Fotografie, die Laku mit ihrem Objektiv einfängt. Zwei ihrer Lieblingsbilder kombinieren ikonische Londoner Ansichten mit einer kreativen Überraschung.

„Ich ging zum Sonnenuntergang zum Sturmflutsperrwerk an der Themse und sah Canary Wharf im Hintergrund aufleuchten“, sagt Laku, die ihre Canon EOS M50 mit einem Canon EF-EOS M Adapter und einem Canon EF 70-300mm f/4-5.6 IS USM (aktueller Nachfolger vom Canon EF 70-300mm f/4-5.6 IS II USM) Teleobjektiv benutzte, um die beeindruckende Aussicht einzufangen.

„Ich habe dieses spezielle Objektiv wegen der leicht gestauchten Perspektive verwendet, die typisch für Aufnahmen mit dem Teleobjektiv sind“, erklärt sie. „Es neigt dazu, sich in den Hintergrund zu drängen, daher wusste ich, dass ich vom Sperrwerk aus einen tollen Blick auf Canary Wharf bekommen würde.“ Teleobjektive stauchen die Perspektive, so dass Hintergrund und Vordergrund näher beieinander erscheinen als sie es tatsächlich sind.

Eine Langzeitbelichtung und ein ND-Filter betonen die Szene und erzeugten einen lebendigen und dennoch surrealen Effekt. „Eine 30 Sekunden lange Belichtung kann die Spitzlichter überbelichten, deshalb habe ich einen ND-Filter vor dem Objektiv verwendet. Der sorgt dafür, dass die Spitzlichter noch Details zeigen und nicht zu überbelichtet sind, wenn ich in die Bearbeitung gehe“, sagt Laku.

Ein Porträt des Lifestyle- und Reisefotografen Laku Davies.

Laku Davies

Die in London lebende Lifestyle- und Reisefotografin fotografiert gerne Stadtbilder mit einer kreativen Überraschung.

2. Sehenswürdigkeiten aus einer einzigartigen Perspektive fotografieren

Ein Doppeldeckerbus überquert die Tower Bridge in London, Großbritannien, bei Sonnenaufgang. Der Himmel färbt sich im Hintergrund orangefarben.

Laku schlägt vor, Orte an verschiedenen Tageszeiten zu besuchen, um die perfekte Aufnahme zu machen. Sie hat dieses Bild vom Doppeldeckerbus auf der Tower Bridge um 5.30 Uhr morgens gemacht.

Eine Nachtaufnahme von The Shard in London, das sich über Southwark erhebt, wobei die Gebäude im Licht erstrahlen. Im Vordergrund ist die Londoner Millennium Footbridge zu sehen.

Street-Fotografie und Stadtpanoramen, wie diese unglaubliche Aufnahme von The Shard in London, dominieren Lakus Werk. Weitwinkelobjektive werden häufig für Stadtansichten verwendet. Aber die Verwendung eines Teleobjektivs ermöglichte es Laku, einen vertrauten Ort auf ungewöhnliche und einzigartige Weise einzufangen.

Wenn es um bekannte und regelmäßig fotografierte Wahrzeichen wie die Tower Bridge in London geht, schlägt Laku vor, nach alternativen Perspektiven zu suchen. Das bedeutet, dass man sich frühzeitig mit der Kamera auf den Weg machen sollte. Einmal hat sie sich dafür entschieden, um 5.30 Uhr zu starten und sich auf einen bestimmten Teil der berühmten Brückenarchitektur zu konzentrieren.

„Ich nahm ein Teleobjektiv, um den Turm zu isolieren und den Glanz der dahinter aufgehenden Sonne für einen Halo-Effekt zu nutzen“, sagt sie. „Der orangefarbene Himmel gibt diese Bildwirkung – und der Londoner Bus!“

Ihr Rat für diejenigen, die bei Erkunden ihrer lokalen Umgebung auf der Suche nach Inspiration sind, lautet: Lieblingsorte zu verschiedenen Tageszeiten besuchen, um sie interessant abzubilden.

„Fordere dich selbst zu verschiedenen Tageszeiten heraus, um zu sehen, wie die Lichtstimmung ist“, sagt Laku. „Versuche, verschiedene Objektive zu verwenden, sonst machst du am Ende immer wieder dasselbe Bild. Zeige Interesse an deiner eigenen Aufgabe und für die Leute, die sich deine Bilder anschauen.“ Ein Canon EF-M 32mm f/1.4 STM ist bei wenig Licht ein guter Start, weil es so viel Licht durchlässt. Wenn du in den Weitwinkelbereich gehst, um so viel wie möglich von einer Szene einzufangen, ist ein Canon EF-M 11-22mm f/4-5.6 IS STM Objektiv einen Versuch wert.

3. Das beste Licht finden

Eine Figur steht als Silhouette vor einem dramatischen orangefarbenen Sonnenaufgang.

Pierre Dubuis besucht immer wieder den gleichen Park und ist immer auf der Suche nach einer neuen Perspektive für seine Fotografie.

Ein Abstecher in den Pilat Regional Natural Park in der Region Rhône-Alpes im Südosten von Frankreich hat den Bildern von Pierre Dubuis eine weitere Dimension verliehen. Der junge Fotograf ist mit einer Canon EOS 5D Mark III unterwegs (jetzt von der Canon EOS 5D Mark IV abgelöst) und fotografiert seit seinem 15. Lebensjahr. Aber erst während seines Fotografiestudiums begann seine Liebe zu den Abenteuern in der Natur. Er verdankt seinen Freunden, dass sie seine Leidenschaft für die freie Natur geweckt haben und sagt, dass die Wiederentdeckung der Umgebung die Kreativität fördert. Genau das zeigen seine Lieblingsbilder, die er alle im selben Park aufgenommen hat.

„Um schöne Orte zu entdecken, sollte man am besten so oft wie möglich auf Entdeckungsreise gehen – man wird dabei auf mehr Orte stoßen, als man denkt“, rät er. „Ich lasse mich von Instagram inspirieren. Besuche Orte zu verschiedenen Zeiten und probiere verschiedene Blickwinkel aus, um die gewünschte Atmosphäre zu bekommen.“

Um eine Bildstimmung in den Fotos zu erhalten, empfiehlt Pierre, entweder gleich morgens oder abends aufzubrechen. „Die Zeiten mit dem schönsten Licht sind früh am Morgen und bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang“, sagt er. „Die Silhouette (oben) wurde bei Sonnenuntergang aufgenommen. Um diese Art von Bildern zu machen, informierst du dich am besten vorher über die Wetterbedingungen und kommst 30 Minuten früher, um Zeit zu haben, den Ort zu kennen zu lernen und dich mit den verschiedenen Bildeinstellungen zu beschäftigen, die zur Wahl stehen. Für dieses Bild entschied ich mich für eine Unterbelichtung. Ich habe die Belichtungszeit verlängert und mit einer kleinen Blende von F22 fotografiert. Damit bekam ich eine gut definierte, dunkle Silhouette, um eine dunklere Stimmung zu erzeugen.“

Ein Porträt von Pierre Dubuis.

Pierre Dubuis

Der 21-jährige Naturfotograf fotografiert bei Sonnenauf- und -untergang gerne bei natürlichem Licht.

4. Auf Details achten

Nahaufnahme eines Farnblattes vor einem dunklen Hintergrund.

Eine weitere großartige Möglichkeit, interessante Aufnahmen zu machen, ohne weit zu reisen, besteht darin, sich auf Details zu konzentrieren, die auf den ersten Blick vielleicht nicht offensichtlich erscheinen. Pierre schaut sich die Natur gerne näher an.

Die Blätter eines Baumes werden von der Sonne hinterleuchtet.

Dieses Bild von den Blättern eines Baumes werden vom Schein der untergehenden Sonne beleuchtet. Es wurde in der Nähe des Wasserfalls Saut du Gier aufgenommen.

„Man muss alles beobachten, was um einen herum passiert, bis ins kleinste Detail“, sagt Pierre und bezieht sich dabei auf sein anderes Lieblingsbild – eine sensible Darstellung eines Farnblatts. Ein ISO-Wert von 3.200 und eine Blende von F4,5 halfen ihm, die dunkle Tiefe des Waldes zum Leben zu erwecken. Dank der hohen Lichtstärke seines Canon EF 70-200mm f/2.8L USM Objektivs konnte er mit weit geöffneter Blende die Schärfentiefe reduzieren und so die Aufmerksamkeit auf den zentralen Bereich des Farns und seine wunderbare Textur lenken. Die hohe ISO war wegen des fehlenden Lichts im Wald notwendig.

„Als ich dieses Foto machte, war ich auf einer kurzen Wanderung im Wald“, erklärt Pierre. „Ich musste meinen Kopf frei bekommen und ich sah den Farn in einem faszinierenden Lichtstrahl. Ich liebe dieses Bild, weil es die Schönheit und Zerbrechlichkeit der Natur darstellt.“

5. Halte das Außergewöhnliche im Alltag fest

Zwei kleine Jungen spielen in einem Sandkasten vor einem Holzlager, von Staub bedeckt.

Die Lichtverhältnisse ändern sich im Laufe des Tages auf natürliche Weise. Die Wahl der richtigen Zeit zum Fotografieren macht den Unterschied zwischen einem normalen und einem herausragenden Bild aus. Wie bei dieser stimmungsvollen Aufnahme von Camillas Kindern.

Die preisgekrönte Profi-Fotografin Camilla Rutherford stammt aus Schottland und hat den Wintersport in Neuseeland im Blick. Die Geschichten der Sportler draußen in der Natur sind ihr Thema. Heute lebt sie mit ihrem Mann, einem Merino-Schafzüchter, und zwei Söhnen in der malerischen Stadt Wanaka.

Camillas Reportage-Stil betont das natürliche Licht, was in diesem Gegenlichtbild ihrer Söhne beim Spielen in der Sandgrube deutlich wird. Sie hat das Bild mit ihrer Canon EOS R, einem EOS R Adapter und ihrem Lieblings-Objektiv, dem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM gemacht.

„Am besten gefällt mir an dem Bild der Gesichtsausdruck meines kleinen Sohns“, sagt sie. „Er hat einen Riesenspaß. Es ist diese ursprüngliche Freude am ununterbrochenen Spiel, die dieses Foto zu dem macht, was es ist.

„Wenn man spielende Kinder fotografiert, hat man manchmal keine Zeit, mit einer festen Brennweite zu arbeiten“, fügt sie hinzu. „Das Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM hat den perfekten Zoombereich für diesen Zweck, und die Bildqualität kommt dem nahe, was man mit einer Festbrennweite erreichen kann.“

In die Sonne zu fotografieren kann sowohl eine Herausforderung als auch Spaß sein, sagt Camilla – aber spiegellose Kameras wie die Canon EOS RP haben dank des elektronischen Suchers einen Vorteil. „Man kann sehen, ob die Belichtung stimmt und sie je nach Stärke des Gegenlichts um einige Blendenstufen nach oben oder unten korrigieren“, erklärt sie.

Ein Porträt von Camilla Rutherford mit Sonnenbrille.

Camilla Rutherford

Die in Schottland geborene Camilla ist eine preisgekrönte Fotojournalistin, die jetzt mit ihrer Familie auf einer Farm in Neuseeland lebt. Sie hat sich auf die Sport-, Reise- und Lifestyle-Fotografie spezialisiert.

6. Erzähle eine Geschichte indem du fotografierst, was du kennst

Ein Mann in einer Werkstatt, der einen Winkelschleifer benutzt und von Werkzeugen umgeben ist. Die Sonne scheint durch einen Spalt in der Rückwand.

Die Art und Weise, wie die Funken vom Winkelschleifer und der Lichtschein miteinander korrespondieren, gibt dem ansonsten ganz gewöhnlichem Bild eine ganz neue Dimension.

Camillas Bild ihres Mannes in der Werkstatt des Bauernhofes repräsentiert die bedeutsame Geschichte des Ortes, an dem sie leben. Mit natürlichem Licht und einer kurzen Belichtungszeit zeigt Camilla, dass man nicht weit schauen muss, um tolle Bild-Geschichten zu erzählen.

„Unsere Jungs sind die fünfte Generation auf dem Bauernhof, und diese Werkstatt ist ein unglaubliches Umfeld, das ich gerne fotografiere“, sagt sie. „Die Jungs lieben es, ihrem Vater dabei zuzusehen, wie er Sachen repariert. Ich habe bemerkt, wie die Sonne morgens durch die hintere Wand kommt, was dann diesen großen Lichtfleck in der linken Ecke erzeugt“, sagt sie.

„Ich habe an meinem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv den Weitwinkel eingestellt, um die ganze Geschichte zu erzählen. Dann habe ich die ISO auf 800 gesetzt, um etwas mehr Lichtempfindlichkeit zu haben, und machte die Aufnahme mit 1/80 Sek. Das war eine gute Belichtungszeit für die Bewegung des Rades und die fliegenden Funken.“

Ob man durch Wälder spaziert, einen Stadtbummel oder den Komfort zu Hause genießt – die Entdeckung des Umfelds muss nicht aus langweiligen Bildern bestehen. Wenn man lernt, sein Auge zu schulen, um das Interessante im Gewöhnlichen zu erkennen und das im Bild festzuhalten, das einem wichtig ist, macht man ganz besondere Bilder.


Verfasst von Lorna Dockerill

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