Die ehemalige Bastogi-Residenz liegt am nordwestlichen Rand von Rom. Ursprünglich als kurzfristige Lösung gedacht, ist sie heute fast nur noch als sozialer Brennpunkt bekannt. Heute leben rund 2.000 Menschen – darunter zahlreiche Kinder – in einer Siedlung, die seit Jahren dem Verfall überlassen wurde.
Die Beschäftigungsquote ist niedrig, der Krankenstand hoch, und die jungen Menschen haben selten die Möglichkeit zu sehen, wie das Leben außerhalb dieser Siedlung aussehen könnte. Und genau hier setzt die Wohltätigkeitsorganisation AMICI DEI BIMBI ETS an. Sie arbeitet mit dem örtlichen Gemeindegremium zusammen, um Schüler:innen aller Altersgruppen in dem Gebiet, das im Allgemeinen als „ehemaliges Bastogi“ bezeichnet wird, bei der Ausbildung zu unterstützen. Ihr Hauptziel ist es, die Zahl der Schulabbrecher:innen zu verringern. Sie wollen aber auch, dass junge Menschen neue Wege entdecken, sich auszudrücken.
Und mit Canon Italien haben sie den perfekten Partner gefunden. Seit einem Jahrzehnt unterstützt das Canon Young People Programme (CYPP) Schüler:innen bei der Umsetzung ihrer kreativen Ideen. Sie suchten eine Organisation, die dafür bekannt ist, über viele Monate hinweg langfristige, vertrauensvolle Beziehungen zu jungen Menschen aufzubauen. Doch mit dem CYPP von Canon Italien fanden sie ein Team, das den Jugendlichen der ehemaligen Bastogi noch viel mehr bietet: Es vermittelt ihnen nicht nur die technischen Fertigkeiten der Fotografie, sondern auch neue Wege der Zusammenarbeit, neue Konzepte, neues Wissen über die Welt und – was besonders wichtig ist – es eröffnet neue potenzielle berufliche Horizonte.
Doch das ist nicht immer einfach, wie auch die Modefotografin Erica Fava feststellen musste, als sie zum ersten Mal das Klassenzimmer betrat. Canon Italien fand ihren nüchternen Unterrichtsstil ideal und wandte sich speziell an sie, um mit dem CYPP im ehemaligen Bastogi zu unterrichten. Sie kann sich noch gut erinnern: „Eine typische Antwort auf meine Fragen an sie, war: ,Was interessiert mich das?’ Die Jugendlichen sind es nicht gewohnt, dass man ihnen zuhört, sie bekommen wenig Unterstützung von ihren Familien und gehen nicht regelmäßig zur Schule. Sie vertreiben sich die Zeit mit ihrem Handy.“ Aber Erica Fava ist nicht der Typ, der sich davon entmutigen ließ. Wenn überhaupt, dann hat diese Ablehnung sie nur noch entschlossener gemacht, das Vertrauen dieser jungen Menschen zu gewinnen und ihnen eine neue Sichtweise auf die Welt zu zeigen.
Vertrauen.
Man stelle sich vor, wie schwer es ist, jemandem zu vertrauen, besonders einem Erwachsenen, wenn man praktisch ohne die Anwesenheit Erwachsener aufgewachsen ist. Oder Zuverlässigkeit. Oder gar Sicherheit. Aus diesem Grund musste Erica Fava zu Beginn erst einmal Vertrauen aufbauen. Es mag überraschen, welche Rolle Kameras dabei spielten. Sie sagte den Schüler:innen, dass sie sich eine Kamera ausleihen könnten. Sie würde darauf vertrauen, dass sie sich gut um diese Kameras kümmern und sie zurückbringen. Das scheint eine ganz einfache Sache zu sein, aber sie zeigt die Stärke ihres – und unseres – Glaubens an diese jungen Menschen. Auf diese Weise entstand eine wirklich wichtige Bindung, die acht Monate lang halten sollte.
Der ursprüngliche Plan war, dass sie zwei Stunden pro Woche unterrichtet. Diese Zeit wurde jedoch oft überschritten, weil sie merkte, dass die einzige Möglichkeit, die Aufmerksamkeit der Schüler:innen zu erhalten, darin bestand, das Klassenzimmer zu verlassen und draußen im Park zu unterrichten. Sie machte sie auch mit der Chiara Negrello, der Psychotherapeutin und Fotografin Elena Russo und der Fotografin Lucrezia Carnevale bekannt, die Erica Favas Lehren und Botschaften mit ihren eigenen verstärkten.
Selbst die kleinsten Kinder – einige waren erst vier Jahre alt – begannen einfach mit der Kamera zu spielen. Schnell fanden sie heraus, was sie kann und was nicht. Die eifrigsten unter ihnen befassten sich sogar mit der Technik. „Ich hatte mehr Schwierigkeiten erwartet. Selbst die jüngsten Schüler:innen fanden die DSLRs intuitiver als die Kompaktkameras.“
Mit der Zeit hatte Erica Fava schon echte „Stammkund:innen“, also Schüler:innen, die Woche für Woche wiederkamen. Bei denen bemerkte sie auch eine allmähliche Veränderung. „Ihre Perspektiven hatten sich ein wenig verschoben“, stellt sie fest. „Sie begannen, eher kreative Berufe zu erwähnen.“ Dieses Gefühl des Vertrauens und der Verbundenheit, das sie mit so viel Freude aufgebaut hatte, zeigte sich auch darin, dass einige Schüler:innen begannen, ihren Schutzwall abzubauen. „Je besser wir uns kennenlernten, umso mehr begannen sie, sich mir gegenüber zu öffnen. Einige ihrer Geschichten haben mich wirklich tief berührt. Vor allem, wenn sie etwas erzählen, das für jeden anderen unvorstellbar schrecklich klingen würde. Sie erzählen das mit so einer Leichtigkeit, als wäre es völlig normal.“
Auch ihre Bilder waren nicht die „harten und schweren“ Themen, die sie erwartet hatte. „Stattdessen konzentrierten sie sich auf kleine Details – eine Blume, ein Glas Nutella, einen Rucksack.“ Sie machten viele Porträts voneinander und spielten im ehemaligen Bastogi. Oder sie nahmen an anderen Aktivitäten mit AMICI DEI BIMBI ETS teil, wie z. B. Kickboxen. Gemeinsam zeichnen sie ein Bild der Residenz, das bisher so nie zu sehen war. Und wie Erica Fava sagt, tun sie das mit einer gewissen Leichtigkeit. Vielleicht sind sie sich der Macht der Geschichte, die sie erzählen, gar nicht bewusst.
Am Ende des Programms hatten die Schüler:innen die seltene Gelegenheit, Bastogi zu verlassen, um ihre Arbeiten im MAXXI Museum, dem Nationalmuseum der Künste des XXI Century Arts in Rom, auszustellen. So etwas wie dieses Event hatten sie noch nie zuvor erlebt. „Einmal mehr haben wir gesehen, dass es beim Canon Young People Programme um viel mehr als nur um Fotografie geht“, erklärt Paolo Tedeschi, Head of Corporate, Marketing & Sustainability Communication bei Canon Italien. „Es geht dabei um Neugierde, Entdeckung und neue Möglichkeiten. Die Zeit, die wir mit diesen unglaublichen Schüler:innen verbracht haben, war in vielerlei Hinsicht inspirierend. Wir haben so viel von ihnen gelernt, was wir gerne mitnehmen und an unsere zukünftigen Lernenden weitergeben. Wir sind den jungen Leuten des ehemaligen Bastogi so dankbar, dass sie ihr Leben und ihre Kreativität mit uns geteilt haben. Wir konnten eine ganz besondere Zeit miteinander verbringen.“
Auch Erica Fava ist der festen Überzeugung, dass das Canon Young People Programm den jungen Fotograf:innen neue Perspektiven aufgezeigt hat. „Ich hoffe, sie alle konnten erkennen, dass ihre Zukunft nicht aussichtslos ist, sondern durch ihre Erfahrungen geprägt wird“, fügt sie hinzu. „Und dass sie sich immer an diese Zeit erinnern, in der wir zusammen gespielt und gelernt haben.“
Erfahren Sie mehr über das Canon Young People Programme.
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