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Vom Abend bis zum Morgen: Tipps für die Low-Light-Fotografie

Valtteri Hirvonen hat in den dunklen Wintern Finnlands seine Low-Light- und Nachtfotografie vervollkommnet. Hier verrät er seine Techniken und Tipps.
Felsformationen im Zion-Nationalpark, Utah (USA), aufgenommen bei Nacht. Verschwommene Lichtlinien verlaufen entlang der Straße, und die Milchstraße ist am Himmel darüber zu sehen.

Der finnische Fotograf Valtteri Hirvonen hat in den langen, dunklen Wintern seiner Heimat gelernt, sich die Nachtfotografie zu eigen zu machen, und sein Talent hat ihn um die ganze Welt geführt. Er kreierte diese Lichtspuren beim Skateboarden durch den Zion-Nationalpark im US-amerikanischen Bundesstaat Utah. Die Aufnahme der Milchstraße am Himmel über ihm war ein glücklicher Zufall. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EOS 5D Mark IV) mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv bei 24 mm, Verschlusszeit 30 Sek., Blende 1:2,8 und ISO 1250. © Valtteri Hirvonen

Für den finnischen Fotografen Valtteri Hirvonen ist die Low-Light-Fotografie ein zentraler Bestandteil seiner Arbeit. Sie ist ihm zur zweiten Natur geworden. Hirvonen, der mit den langen, dunklen Wintern Finnlands aufgewachsen ist, erlernte das Fotografenhandwerk in der Dunkelheit. Nach und nach eignete er sich Spezialkenntnisse an, die aus dem Dämmerlicht geboren wurden.

„Im Sommer scheint die Sonne den ganzen Tag, aber der Winter ist in Finnland wirklich dunkel“, erklärt er. „Ich liebe das kalte Wetter und den Schnee, aber wenn ich im Winter fotografieren wollte, musste ich das nachts tun, wenn ich vom Büro nach Hause kam. Also blieb mir nichts anderes übrig, als mir für mein Hobby etwas einfallen zu lassen. Es war ein ganz natürlicher Prozess – im Grunde gab es kein Licht, aber ich habe gelernt, wie ich dennoch dabei fotografieren konnte.“ Trotz Hirvonens späterem Erfolg in der kommerziellen Fotografie galt seine Leidenschaft weiterhin der ätherischen Welt, die sich zeigt, sobald die Sonne untergeht.

Mit seiner Canon EOS R5 und der Canon EOS 5D Mark III (mittlerweile ersetzt durch das Nachfolgemodell Canon EOS 5D Mark IV), einer drahtlosen Fernbedienung und einem Karbonfaserstativ ist Hirvonen optimal ausgerüstet, atmosphärische Bilder einzufangen, für die es visionäre Kraft und Entschlossenheit braucht. In den zwei Jahrzehnten seiner eklektischen Karriere hat seine Faszination für die Low-Light-Fotografie zu einem inspirierenden Gesamtwerk geführt. Dazu gehören romantische Reise- und Abenteuerfotografien bei wenig Licht und insbesondere seine Serie „The Darkest Hour“. Hier teilt er einige seiner gesammelten Weisheiten für alle, die das Fotografieren bei Dämmerlicht ausprobieren möchten.

Ein heller Mond scheint am Himmel über einem Wald.

Hirvonen hat diesen Mondaufgang auf der Heimfahrt von einem anderen Auftrag aufgenommen – er hat aus dem Fenster seines Autos aus der freien Hand fotografiert. Für ihn ist die Ergonomie seiner Kamera entscheidend dafür, schnell reagieren zu können, wenn sich ihm eine Gelegenheit für ein tolles Bild bietet. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv bei 70 mm, Verschlusszeit 1/125 Sek., Blende 1:5,6 und ISO 1600. © Valtteri Hirvonen

Ein Blutmond leuchtet am Nachthimmel über einem halbkreisförmigen Zelt, das von innen beleuchtet wird.

Diese Langzeitbelichtung eines Blutmondes wurde im Mittwinter aufgenommen, während Hirvonen neben einem Sumpf campierte – glücklicherweise in einem farblich genau abgestimmten Zelt. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv mit 70 mm, Verschlusszeit 6 Sek., Blende 1:8 und ISO 3200. © Valtteri Hirvonen

1. Fotografiere mit einem Weitwinkelobjektiv

Auch wenn es verlockend sein mag, die langen Brennweiten für ein Abendshooting einzupacken, schlägt Valtteri etwas anderes vor. „In Umgebungen mit wenig Licht kann es schwierig sein, mit einem Teleobjektiv zu fokussieren. Normalerweise verwende ich Brennweiten zwischen 24 mm und 50 mm. Wenn es stockdunkel ist oder du bei Mond- oder Sternenlicht fotografierst, können mit einem Teleobjektiv Fokusreihen erforderlich sein. Das interessiert mich nicht, deshalb verwende ich zu 90 % mein Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv, denn 24 mm an einer Vollformatkamera ist weit genug für nahezu alle Motive.

„Die Brennweite von 24 bis 70 mm ist für mich die natürlichste. Nicht zu weit und nicht zu lang. Ich weiß, dass ich damit aus jeder Situation etwas herausholen kann. Und ich muss sonst nichts mitnehmen. Das gibt mir die Freiheit, beim Fotografieren nicht an meine Ausrüstung zu denken.“

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Entsprechend hat Hirvonen schon immer mit Canon fotografiert, denn für ihn ist es entscheidend, dass sich seine Kamera richtig anfühlt. „Ich bin so viel draußen, dass ich normalerweise Handschuhe trage, daher ist die Ergonomie meiner Kamera wirklich wichtig“, erläutert er. „Es geht nicht nur um Megapixel – es gibt Dinge, die man nicht messen kann, zum Beispiel, ob sich die Kamera gut anfühlt.“

2. Konzentriere dich auf den Inhalt

Strebe nicht nach technischer Perfektion auf Kosten von Kreativität und Spannung, rät Hirvonen. „Das Wichtigste ist, sich keine Sorgen zu machen, ob dein Foto verwackelt oder technisch nicht perfekt ist. Wenn man sich ikonische Fotos aus der Vergangenheit ansieht, achtet man in erster Linie nicht auf die technische Seite – es geht um den Moment und den Inhalt. Wenn du ein gutes Foto gemacht hast und es verwackelt ist, ist es trotzdem noch ein gutes Foto. Wenn dein Foto hingegen perfekt scharf ist, aber nichts Interessantes zeigt, ist es kein gutes Foto. Es ist nicht das Ende der Welt, wenn deine Aufnahmen nicht gestochen scharf sind.“

Hirvonens Low-Light- und Nachtfotografie zeichnet sich durch seine starken Kompositionen aus, die natürliche und von Menschenhand geschaffene Elemente einbeziehen. Spannung in seine Bilder bringen etwa ein Adler, der ins Zentrum der Szene gleitet, Lichtspuren inmitten einer einsamen Landschaft, die ersten Strahlen bei Sonnenaufgang, die durch die Wolkendecke brechen, oder die schlichte Eleganz eines Vollmondes, der den Waldboden in sein Licht taucht. Indem Hirvonen zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten und in verschiedenen Jahreszeiten fotografiert – von rosa Sonnenuntergängen im Sommer bis hin zu tiefer Dunkelheit im Mittwinter – und mit den Belichtungszeiten spielt, zeigt er auch, dass Low-Light- und Nachtfotografie viele verschiedene Farben hervorbringen kann, nicht nur Blautöne.

Von allen Zutaten, die ein tolles Bild ausmachen, ist für Hirvonen vor allem eines wichtig: „Ich bin immer auf der Suche nach dem besonderen Licht. Selbst an den gewöhnlichsten Orten kann man mit dem richtigen Licht und einer sorgfältigen Komposition schöne Ergebnisse erzielen.“

Hohe, schneebedeckte Nadelbäume vor einem dunklen Himmel.

Valtteri liebt das Fotografieren in Lappland während der Polarnächte, wenn sich die Sonne weigert, aufzugehen. Dieses Bild wurde um die Mittagszeit aufgenommen, zum hellsten Zeitpunkt des Tages. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie das „richtige Licht“ die Atmosphäre eines ansonsten schlichten Ortes verwandelt. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv bei 50 mm, Verschlusszeit 1/25 Sek., Blende 1:8 und ISO 1600. © Valtteri Hirvonen

3. Schalte bei Langzeitbelichtungen die Bildstabilisierung aus

Die Bildstabilisierung, kurz IS, insbesondere die kamerainterne Bildstabilisierung der Canon EOS R5 und EOS R6, die in Verbindung mit bestimmten Objektiven eine Bildstabilisierung mit bis zu 8 Stufen ermöglicht, gibt dir die Freiheit, in Situationen, in denen ein Stativ schlicht unpraktisch ist, aus der freien Hand zu fotografieren. Wenn du jedoch nachts eine Langzeitbelichtung mit einem Stativ aufnimmst, empfiehlt es sich, die Bildstabilisierung auszuschalten, wie es Hirvonen tut.

Dies liegt an der Art und Weise, wie die Bildstabilisierung funktioniert. Wenn z. B. eine IS-Linsengruppe aktiv ist, können sich die Elemente bewegen. Sie sind in diesem Modus so konzipiert, dass sie Bewegungen erkennen und sich entsprechend mitbewegen, um ihnen entgegenzuwirken. Wenn du also auf einem Stativ mit eingeschalteter Bildstabilisierung fotografierst, können sich diese Elemente frei bewegen und sind „auf der Jagd“ nach Bewegungen, um ihnen entgegenzuwirken, was zu unerwünschter Unschärfe bei der Langzeitbelichtung führen kann. Wenn du ein Stativ verwendest und dieses felsenfest steht, werden diese Linsenelemente durch Ausschalten der Bildstabilisierung in ihrer Position fixiert. Die meisten modernen Objektive verfügen über eine Stativerkennung, um dieses Problem zu vermeiden, aber du kannst die Bildstabilisierung trotzdem ausschalten, um Energie zu sparen.

Wings outstretched, a great grey owl swoops down towards the forest floor.

Raubvogelaufnahmen bei Dämmerung mit der EOS-1D X Mark III

Wie schlägt sich die Top-Action-Kamera von Canon bei Aufnahmen schneller Vögel unter extrem schlechten Lichtverhältnissen? Tierfotograf Markus Varesvuo geht auf die Pirsch, um es herauszufinden.

„Wenn du zwei Sekunden oder länger anpeilst, schalte die Stabilisierung aus. Die Stabilisierung macht einen riesigen Unterschied, wenn du aus der freien Hand und mit höheren Geschwindigkeiten fotografierst, aber wenn du mit einer geöffneten Blende von einer Sekunde oder mehr mit einem Stativ fotografierst, bringt die Bild- und Linsenstabilisierung nur begrenzte Vorteile“, so Hirvonen.

4. Experimentiere mit eigenen Lichtquellen

Hirvonen fügt häufig künstliches Licht hinzu, um ein interessantes Element zu schaffen oder die Farbpalette in seinen Bildern zu akzentuieren, sei es durch Lichtspuren oder ein beleuchtetes Zelt, das perfekt auf den Farbton des Vollmondes abgestimmt ist. Aus diesem Grund ist eines von Hirvonens wertvollsten Ausrüstungsteile seine Stirnlampe. „Ich habe immer eine leistungsstarke Stirnlampe bei mir, um erstens zu sehen, wohin ich gehe, und zweitens, um mit Licht zu malen. Wenn es stockdunkel ist, hilft mir die Stirnlampe auch dabei, die Randbereiche meiner Komposition zu sehen – die rechte und linke Seite meines Bildausschnitts.“

Ein rosa Sonnenuntergang über einem stillen See.

Dieses täuschend einfach anmutende Bild wurde im finnischen Lappland kurz nach Mittsommer aufgenommen. Die ätherischen Farben des Sonnenuntergangs spiegeln sich im stillen Wasser des Sees darunter. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv bei 28 mm, Verschlusszeit 1/25 Sek., Blende 1:2,8 und ISO 3200. © Valtteri Hirvonen

Ein Mann mit einer Stirnlampe steht vor seinem Zelt, das sich auf einem Hügel mit Blick auf einen See befindet.

Diese Aufnahme, die kurz nach dem vorherigen Foto erfolgte, veranschaulicht besonders gut die fehlende Lichtverschmutzung im finnischen Lappland. Valtteri verbrachte die Nacht in einem Zelt auf einem Hügel und beobachtete die Sterne. Er ist gerne vor Sonnenuntergang vor Ort, um sein Bild zu komponieren. Dann beginnt das Warten. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv bei 24 mm, Verschlusszeit 1/25 Sek., Blende 1:2,8 und ISO 3200. © Valtteri Hirvonen

5. Sei vor Ort, bevor es dunkel wird

Laut Hirvonen ist ein frühes Ankommen der Schlüssel zu einer großartigen Komposition. „Normalerweise bin ich vor Ort, bevor es vollkommen dunkel ist, damit ich die Landschaft sehen und das Bild durch den Sucher komponieren kann. Dann beginnt das Wartespiel. Ich habe eine Thermoskanne mit Tee oder heißer Schokolade dabei, während ich warte und die Landschaft genieße. Ich beginne bei Dämmerung mit dem Fotografieren. Man kann nie wissen, ob das Licht für das Bild am besten ist, bevor oder nachdem es richtig dunkel geworden ist. Wenn es dämmert, gibt es dieses eigenartige Zwielicht. Ähnlich wie wenn man bei Sonnenaufgang fotografiert. Ich lasse mich auf den Moment ein, beobachte, wie sich die Situation und die Landschaft entwickeln, und mache dann einfach mit. Dieses Wartespiel kann zwei bis drei Stunden dauern.“

Die Silhouette zweier Spaziergänger vor einem hellen Kreis Sonnenlicht, das durch Gewitterwolken dringt.

Diese beiden Spaziergänger, die sich als Silhouette vor einer gespenstisch anmutenden Kugel abzeichnen, sehen aus, als wären sie bei Nacht fotografiert worden. Tatsächlich aber wurde dieses Bild in Norwegen mitten am Tag aufgenommen, während dunkle Gewitterwolken die Sonne verdunkelten. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv bei 70 mm, Verschlusszeit 1/100 Sek., Blende 1:4 und ISO 400. © Valtteri Hirvonen

Zwei stachelige Bäume im Joshua-Tree-Nationalpark, Kalifornien (USA), umgeben von Lichtspuren. Der orangefarbene Nachthimmel ist mit Sternen übersät.

Diese Nachtaufnahme mit langer Belichtungszeit – aufgenommen im Joshua-Tree-Nationalpark in US-Bundesstaat Kalifornien – zeigt den Moment, als Hirvonen seine Kamera in der Wüste verlor. Er benutzte seine Funkfernbedienung, um die Kamera auszulösen, und seine Stirnlampe erzeugte die Lichtspuren, die seine verzweifelte Suche dokumentieren. Aufgenommen mit einer Canon EOS 5D Mark III mit einem Canon EF 24-70mm f/2.8L II USM Objektiv bei 70 mm, Verschlusszeit 30 Sek., Blende 1:2,8 und ISO 3200. © Valtteri Hirvonen

6. Suche nach wirklich tiefer Dunkelheit

Die Auswirkungen der Lichtverschmutzung können die Low-Light-Fotografie stark beeinträchtigen, weshalb Hirvonen sie um jeden Preis vermeidet. „Wenn du in der Stadt lebst, ist die Lichtverschmutzung normalerweise enorm“, bemerkt er. „Wenn du die Möglichkeit hast, der Lichtverschmutzung zu entgehen, wirst du eine dramatische Verbesserung deiner Nachtaufnahmen feststellen. Es ist fantastisch, wenn die Sterne deine Landschaft nach einer fünfminütigen Belichtung erhellen – das kann man mit bloßem Auge gar nicht wahrnehmen. Die Kamera sieht etwas, was du nicht siehst, und es ist ein wahrhaft magischer Moment.“

7. Hab keine Angst vor hohen ISO-Werten

Für Hirvonen ist Bildrauschen kein Grund, sich zu ärgern. Nicht nur, dass seine Canon EOS R5 und Canon EOS 5D Mark III mit ihren Funktionen für wenig Licht dieses Problem minimieren – noch wichtiger ist, dass die Arbeit mit hohen ISO-Werten es ihm ermöglicht, ein tolles Bild zu erzielen. „Scheu dich nicht davor, die höheren ISO-Werte deines Sensors zu verwenden, und gehe so weit nach oben, wie du es für dein Foto brauchst. Nutze alles, was nötig ist, um ein tolles Bild zu erhalten. Natürlich solltest du einen möglichst niedrigen Wert nehmen, aber wenn das ISO 12.800 ist, dann ist es eben so. Wenn du einen hohen ISO-Wert verwenden musst, musst du ihn verwenden. Da sollte man nicht lange fackeln.“

Mark Alexander

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